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3, 2, 1 … Go!

Es ist kein Geheimnis, dass die Wirtschaft zyklisch ist. Wie dem auch sei, laut allen theoretischen Überlegungen müssen Schwellenländer irgendwann aufblühen und mit einem noch nie dagewesenen Tempo wachsen. Und wir, die Bürger dieser Länder, zwingen uns Jahr um Jahr in ewiger Erwartung des in Aussicht gestellten Wachstums, die Nachlässigkeit unserer Führung, das Ausbleiben jeglicher realer Antikorruptionsaktivitäten und die Trägheit des politischen Milieus zu verzeihen. Vom Gerede über das Wirtschaftspotential der Ukraine ganz zu schweigen. Das einzige Problem: beim Potential bleibt es auch.
Die Ukraine sollte sich nicht vor ihren eigenen Problemen verstecken. Die Jahre vergehen, investierte Gelder und die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft schwinden, der bewaffnete Konflikt im Osten wird vergessen, wir werden dahingehen als Nation, als riesiges Wirtschaftspotential , als Millionen ungenutzter Chancen und Ideen. Um das zu vermeiden, muss man endlich für seine Zukunft kämpfen und das nicht dem Schicksal oder sonstigen Interessenten überlassen. Ich sehe die Ukraine in der Zukunft als einen starken unabhängigen Staat, als eine innovative Kornkammer Europas und einen Hub grüner Technologien.
Deutschland hat es nicht zum ersten Mal mit einem Land mit enormem Landwirtschaftspotential zu tun, das durch ein verkrustetes politisches System behindert wird. Man möge nur an Polen denken, heute ein EU-Mitgliedsland, das ein außerordentliches Wachstums- und Entwicklungstempo zeigt. Deutschland spielte eine Schlüsselrolle bei den Reformen und der Erneuerung des Agrarbereichs dieses Landes und trug auf diese Weise zu dessen weiterem wirtschaftlichen Erstarken bei. Auch die Ukraine braucht den Erfahrungsaustausch mit deutschen Landwirten, die Übernahme und Einführung ihrer Technologien im KMU-Bereich. Man sollte sich nicht nur über die Erfolge austauschen, sondern gemeinsam an ihrer Entstehung arbeiten. Warum sollte nicht eine Agrar-Innnovations-Vereinigung deutscher und ukrainischer Wissenschaftler gegründet werden, die in unserem Land tätig sein und sich mit empirischen Untersuchungen ukrainischer Böden, den Möglichkeiten ihrer Nutzung für besonders wichtige Kulturen und der Entwicklung neuester Bearbeitungsmethoden befassen könnte?
Unter den Bedingungen des Globalisierungschaos und der Unbeständigkeit des Weltwirtschaftssystems sowie der immer größer werdenden Kluft zwischen entwickelten und sich entwickelnden Ländern sollten die ukrainisch-deutschen Beziehungen eine besondere Nische in der technologischen Zusammenarbeit einnehmen. Diese Nische sehe ich zum Beispiel im „grünen Automobilbau“. Die Ukraine könnte als ein Glied in die Wertschöpfungskette deutscher Hersteller von Elektroautos einbezogen werden. Wir würden Maschinenbauanlagen importieren, hochwertige Bauteile produzieren und sie nach Deutschland ausführen oder Elektroautos direkt in der Ukraine zusammenbauen. Deutschland könnte vorhandene Industriekapazitäten, menschliche und finanzielle Ressourcen für wissenschaftliche Entwicklungen nutzen und preiswert erzeugte Autos bekommen, die die ukrainische Nachfrage ohne Logistikkosten befriedigen und den Markt in Polen, Ungarn und Weißrussland mit innovativen Erzeugnissen sättigen können.
Künftig möchte ich das Zusammengehen beider Länder auf Augenhöhe sehen. Mein Unterbewusstsein schreit: „Unmöglich“, aber ich verwerfe das. Alles ist möglich. Es ist möglich, dass ukrainische Unternehmen sich auf internationalen Märkten behaupten, dass ukrainische Geschäftsleute in deutsche Startups investieren und ihr Ansehen und ihr Wort Gewicht auf europäischer Ebene haben. Es ist möglich bei starker finanzieller und institutioneller Unterstützung der Ukraine von Seiten Deutschlands. Und wenn dieses Potential zum Treibstoff wird, laufen die Reformen in der dritten kosmischen Geschwindigkeit ab, das Gewicht sämtlicher Hemmfaktoren fällt wie eine Antriebsstufe ab, die Ukraine und Deutschland werden endlich gleichberechtigt die Früchte ihrer Zusammenarbeit aus einem halben Jahrhundert genießen.