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Rede von Botschafterin Anka Feldhusen anlässlich des Empfangs zum Tag der Deutschen Einheit am 2. Oktober 2019

04.10.2019 - Artikel
Botschafterin Anka Feldhusen während des Empfangs anlässlich des Tags der Deutschen Einheit am 02.10.2019
Botschafterin Anka Feldhusen während des Empfangs anlässlich des Tags der Deutschen Einheit am 02.10.2019© Deutsche Botschaft Kiew

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, liebe Freunde der deutschen Botschaft in Kiew,

heute feiern wir, was vor 30 Jahren mit dem Fall der Berliner Mauer begann, die deutsche Wiedervereinigung! Der Fall der Mauer gehört zu den geschichtlichen Ereignissen, an die sich wohl viele Menschen, nicht nur Deutsche, genau erinnern, war es doch das Symbol des Kalten Krieges. Ich selbst bin nach dem Bau der Mauer geboren und hätte nie gedacht, dass es sie einmal nicht mehr geben würde. Sie war irgendwie immer da. Ich saß in Frankreich während meines Studiums vor den Abendnachrichten, als plötzlich die Bilder kamen, auf denen Menschen auf der Mauer saßen, und für einen kleinen Augenblick habe ich gedacht, das muss ein Irrtum sein. Aber 1989 sprachen wir noch nicht von fake news, wir vertrauten den Nachrichten. Was mir wie ein Wunder erschien, war tatsächlich Realität.

Nach diesem Abend kamen lange Verhandlungen, kam am 3.10.1990 die Unterzeichnung des Vertrags über die deutsche Wiedervereinigung, und seitdem arbeiten wir daran, Deutschland tatsächlich wieder zu vereinen, Menschen, die lange getrennt waren, wieder zu einen. Das ist ein langer, schwieriger Prozess, und er ist immer noch nicht abgeschlossen.

Liebe Gäste, ein anderer Tag, den ich nie vergessen werde, ist der 21.2.2014, das Ende des Maidan hier in Kiew. An dem Abend saßen wir hier in der Botschaft, in meinem jetzigen Büro.  Wir waren trotz der dramatischen Ereignisse, trotz der vielen Toten, wie elektrisiert. Elektrisiert darüber, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer aus eigener Kraft ein neues Kapitel in der Geschichte ihres Landes aufgeschlagen hatten. Ein neues Kapitel, das die Ukraine seitdem immer fester auf ihrem Weg nach Europa verankert hat, mit erfolgreichen Reformen und mit Reformen, die noch erfolgreich werden müssen. Aber dieses neue Kapitel ist begleitet von der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und den Krieg im Osten, der dem Land von außen aufgezwungen wurde und nun schon mehr als fünf Jahre dauert.

Ich komme gerade zurück aus dem Südosten des Landes und habe mir zwischen Mariupol und Donezk die Kontaktlinie angesehen. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen und bin beeindruckt, mit welcher Energie sie weiter nach vorne blicken und darüber nachdenken, wie die derzeit nicht-kontrollierten Gebiete wieder zu einem erfolgreichen Teil der Ukraine werden können, wie die Menschen zu beiden Seiten der Kontaktlinie wieder vereint werden können.

Und ich bin sehr stolz darauf, dass mein Land die Ukraine in diesen letzten fünf Jahren so eng begleitet hat. Nicht nur im Normandie-Format und bei den Minsker Verhandlungen, wo wir uns gemeinsam mit unseren französischen Freunden um eine Friedenslösung bemühen. Auch bei dem steinigen Weg der Reformen steht die Bundesregierung an der Seite der Menschen in der Ukraine. Mit Projekten, Beratung, politischer Begleitung, und ja, auch mit Geld.

Gemeinsam mit unseren zahlreichen Partnern in der Ukraine haben wir viel erreicht: wir helfen den Schwächsten der Gesellschaft, die am meisten unter dem Krieg leiden, Kindern und Frauen, aber wir unterstützen auch große Infrastrukturprojekte, die allen das Leben erleichtern. Ein Projekt möchte ich besonders erwähnen: die Dezentralisierung. Dieses Projekt ist dazu da, den Menschen in den Kommunen in die Lage zu versetzen, über die sie auf lokalen Ebene beschäftigenden Themen selbst zu entscheiden und Verantwortung über ihr Budget auszuüben. Unsere Partner, die GIZ und U-Lead, begleiten die neu vereinigten Gemeinden dabei. Vielleicht kann dieses Projekt irgendwann auch dabei helfen,  die heute besetzten Gebiete im Donbass in lokale Einheiten zu integrieren.

Denn darauf hoffe ich: dass auch die Ukraine ein solches Wunder erlebt wie Deutschland 1989. Dass der Krieg zu Ende geht und die Ukrainerinnen und Ukrainer ihr ganzes Land zu einem erfolgreichen Teil Europas machen.

Ich freue mich sehr, dass ich nach vier Jahren in die Ukraine zurückkehren durfte und heute Abend ihre Gastgeberin sein kann. Trinken wir auf die ukrainisch-deutschen Beziehungen und auf die deutsche Wiedervereinigung. Trinken wir auf eine friedliche, erfolgreiche und europäische Ukraine!

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